KRISTIANE KEGELMANN. PARS. PRALINEN. BERLN.
Ein Portrait von Monika Ebert ©Bild ©Text.
FEMALEMAKERS PARS. BERLIN: Kristiane Kegelmanns Pralinen sind Kunstwerke. Jede ein Unikat.
DIE ERSTE PRALINE …
... die ich von PARS, dem Label der Konditormeisterin Kristiane Kegelmann, genossen habe, war ein Ereignis. Außen ästhetisch perfekt, für eine Praline ungewöhnlich kantig, wunderschöne Farben, goldene Ecken. Im Mund war diese kulinarische Schönheit wider Erwarten ganz weich. Die Praline offenbarte Schritt für Schritt eine perfekte Komposition aus feinster Kuvertüre, einzigartigen Aromen, Texturen, unterlegt von reduzierter, exakt austarierter Süße. Obwohl ich als Pralinenfan einiges an international hochkarätigen Produkten im Geschmacksgedächtnis habe, war das PARS-Ereignis einzigartig. Ein vollendetes Geschmackserlebnis, wie ich es bisher nur aus der Sterne-Gastronomie kannte.
FEMALEMAKERS PARS. BERLIN: Verführerisch nicht nur von aussen – die Pralinen von Kristiane Kegelmann haben fein abgestimmte, einzigartige Füllungen.
PARS. Produkte + Herstellung.
Dass Kristiane Kegelmann, die Schöpferin dieser Ausnahme-Pralinen, auch als Künstlerin arbeitet, zeigt sich in allem, was sie tut. Sie ist eine Top-Kreative und gleichzeitig Perfektionistin im positivsten Sinn des Wortes. Das kann man sehen und schmecken. In zahllosen Arbeitsschritten, verbunden mit hohem Aufwand, wird alles per Hand hergestellt, aus lokalen Zutaten. Oft selbst geerntet oder gesammelt. Immer frisch produziert. Wunderbare Kreationen – von Edelbitter Fichte über geräuchertes Heu bis hin zu wildem Holunder – machen die Auswahl schwer. Jede Praline ist durch ihre Handbemalung zudem ein Unikat.
Bei PARS kommen alle Zutaten, soweit möglich, aus der Region. Das ist Credo und Leitlinie von Kristiane Kegelmann. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Beispielsweise die Zutaten des Grundstoffs, der Kuvertüre. Doch auch hier wählt sie ihre Lieferant*innen sorgfältig aus. Diese arbeiten „from bean to bar“ mit kleinen Kakao-Produzent*innen, handeln fair und liefern ihr beste Qualitäten. Eine andere, nicht lokale Spezialität sind ihre saisonalen Pralinen mit einer Füllung aus persischer Limone, der „Limo Omani“. Diese Limonen bringen die Eltern ihres Lebensgefährten direkt aus dem Iran mit.
PARS pflegt wie viele moderne Akteur*innen der Food-Branche, die mit einem hohen Arbeitsethos agieren, persönliche Vertrauensbeziehungen zu Händler*innen und Lieferant*innen. Weder PARS noch die Zuliefer*innen sind Bio-zertifiziert. Das ist für Kristiane Kegelmann nicht von Relevanz, wie sie sagt. Entscheidend sind für sie die persönlichen Kontakte. Jede Zutat, die sie verwendet, ist getragen von diesen direkten Verbindungen. Das ist ihr wichtig. So kann jede*r direkt sehen und erleben, wie das Gegenüber arbeitet, mit welcher Sorgfalt, welcher Konsequenz die Dinge entstehen. „Glücklicherweise kann man bei Lebensmitteln fast immer schmecken, ob sie gut gemacht sind.“ Das derzeitige Produktionsnetzwerk von PARS umfasst ca. 20 lokale Produzent*innen und wächst organisch weiter.
FEMALEMAKERS PARS. BERLIN: In den perfekten, schlichten Innenverpackungen bleiben die kunstvoller Pralinen der Mittelpunkt.FEMALEMAKERS PARS. BERLIN:
PARS. Background.
Vor ihrer Selbstständigkeit 2015 arbeitete Kristiane Kegelmann angestellt in einer Patisserie und wollte die Gastronomie eigentlich verlassen, um Kunst zu machen.
Begonnen hatte es 2008, nach ihrer Schulzeit. 1990 in München geboren, absolvierte sie die Ausbildung zur Konditorin in einer Münchner Bio-Bäckerei. „Ein ganz toller Betrieb, mit den Werten und dem Herzen am richtigen Fleck“, schwärmt sie noch heute. Dieser Ort und seine Menschen haben sie sehr geprägt. Nach Abschluss ihrer Ausbildung 2011 war Kristiane Kegelmann ein knappes Jahr in Salzburg beim berühmten österreichischen „Hofzuckerbäcker“ Demel als Patissière. Im Anschluss daran arbeitete sie kurzzeitig in Australien und kam 2012 für dreieinhalb Jahre zurück zu Demel in den Wiener Hauptstandort. Dort war sie für alle Sonderanfertigungen zuständig und verfeinerte ihr handwerkliches Können. Einige Zeit hatte sie die Leitung des Postens für Sonderaufträge & Gestaltung inne. Das brachte ihr wichtige strukturelle und organisatorische Kompetenzen, wie sie sagt. Andererseits wurde ihr in den Jahren bei Demel aber auch klar, dass sie ihren Beruf in dieser Form nicht weitermachen möchte. Kristiane Kegelmann begann Bildhauerkurse zu belegen, entdeckte neue Materialien und Ausdrucksmöglichkeiten für sich.
2015 folgte der Umzug zu ihrem Lebensgefährten nach Berlin. Sie machte ihre Konditormeisterin und wollte damit das gastronomische Kapitel in ihrem Leben eigentlich abschließen, aber es kam anders.
In Berlin experimentierte sie mit neuen künstlerischen Formaten, die performativen Charakter hatten und Veränderungsprozesse thematisierten. Zu Beginn waren Nahrungsmittel ihre Materialien: Sie interessierte sich für das Taktile, deren Geschmack und inhärente Transformationsmöglichkeiten. Sie startete mit Skulpturen und Installationen, die von den Betrachter*innen angefasst, abgetragen und einverleibt, also aktiv mitgeformt wurden. Ein hartes Äußeres kombinierte sie mit weicheren Innenmaterialien – manchmal mit eigenem Duft, der eine zusätzliche Ebene der Betrachtung eröffnete. Aus diesen ersten Experimenten entstanden später Kristiane Kegelmanns Pralinen. Oft wurde ihre Kunstder EAT ART zugeordnet, obwohl das nie ihre Intention war. Einer der Gründe, warum sie begann, neue Wege zu gehen und die eigene künstlerische Arbeit von der Patisserie zu trennen.
2017 mietete sich Kristiane Kegelmann ein Laden-Studio im Prenzlauer Berg, das sie aufwendig ausbaute. Fast zu aufwendig, wie sie heute rückblickend angesichts der finanziellen Investitionen von damals meint. An diesem Ort wollte sie Kunst entwickeln und gleichzeitig ihre kulinarischen Themen bearbeiten. Irgendwann wurde ihr bewusst, dass sie das Kulinarische von ihrer Kunst trennen möchte. So entstand Anfang 2019 der Name PARS, der bis heute für ihr Unternehmen steht. Die davon unabhängige künstlerische Arbeit, für die ihr aktuell nur wenig Zeit bleibt, ist ihr kreativer Freiraum.
HERAUSFORDERUNG. Finanzen.
Die ersten Jahre war das Thema Finanzierung | Kredite eine große Herausforderung für Kristiane Kegelmann, da wie bei vielen Gründungen auch hier die kreative Passion im Vordergrund steht. Dass konsequentes Handling von Finanzen ein wichtiger Teil jeder unternehmerischen Realität ist, wurde ihr erst im zweiten Schritt deutlich. „Gefühlt war immer zu wenig vorhanden, um wirklich weiterzugehen und zu investieren“, so die Unternehmerin. Der Lernprozess, den sie mit ihrem ersten Studio im Prenzlauer Berg durchlaufen hatte, führte sie dazu, dass sie das Thema Finanzen heute ganz anders angeht und managt. Allen Gründer*innen rät sie deshalb, sich auf jeden Fall im Bereich Business Development und Finanzen gut beraten zu lassen und nicht nur blauäugig der eigenen kurz durchgerechneten Passion zu folgen.
PARS. Showroom. Konzepte. Ideen.
Seit 2019 ist PARS in der Schönleinstraße in Berlin-Kreuzberg zu Hause – zunächst nur mit einer Küche, später kam der Showroom mit Laden hinzu. Bis zur Corona-Krise 2020 waren die Hauptkund*innen von PARS aus dem B2B-Bereich: Unternehmen, Eventagenturen, Veranstalter*innen. Mit der Krise hat sich die Unternehmerin den Privatkundensektor in kürzester Zeit „from scratch“ aufgebaut. Und Kristiane Kegelmann wollte irgendwann auch nicht mehr alleine arbeiten und baute das PARS-Team Schritt für Schritt auf. Heute hat sie zwei Angestellte – für Produktion und Verkauf/Akquise. Da Kristiane Kegelmann selbst bei dieser Betriebsgröße aktuell noch in operative Prozesse eingebunden ist, kann sie den Ausbau von PARS noch nicht ganz so zügig vorantreiben, wie sie es sich wünscht. Ihr Ziel ist es, für PARS in Zukunft eine Organisationsstruktur zu schaffen, die für jeden Einzelbereich des Unternehmens ein verantwortliches Teammitglied hat. So kann sie selbst Kompetenzbereiche komplett abgeben, wie beispielsweise die Produktion, und hat Raum für wichtige organisatorische und kreative Arbeiten im Unternehmen. Zudem möchte die Unternehmerin ihre Marke um ein gastronomisches „Aperitivo-Konzept“ an einem neuen Standort erweitern. „Einen neuen Ort erschaffen, an dem ich auch selbst gerne bin.“ Die Marke PARS, deren Produkte durch ihren hohen kulinarischen und künstlerischen Anspruch sowie die daraus resultierende Finesse alles andere als alltäglich sind, braucht auch Erlebnisse an einem Ort im Alltag, so Kristiane Kegelmann, um die Markenbindung zu erhöhen und Kunden wie Neukunden auf verschiedenen Ebenen anzusprechen. Auf diese Weise wird PARS in Zukunft von verschiedenen Standbeinen getragen. Mit der geplanten Erweiterung sind auch zusätzliche personelle Kompetenzen im Unternehmen eingeplant und die Unternehmerin freut sich bereits jetzt auf eine Zusammenarbeit mit „spannenden Menschen“.
PARS. Kreative Prozesse.
Nach ihren kreativen Prozessen gefragt, erfahre ich, dass auch bei PARS jede Neukreation an unternehmerische Rahmenbedingungen gebunden ist: Was habe ich zur Verfügung? Was kann ich mir vorstellen? Wie lange muss etwas haltbar sein? Wie rechnet sich das? Manchmal sorgen diese Eingrenzungen auch für eine Erweiterung der Kreativität, so Kristiane Kegelmann. Beispielsweise entwickelte sie PARS Pralinen-Kreationen, die nur zwei Tage haltbar sind und damit nur eingeschränkt platzierbar. Dafür müssen konkrete Anlässe und logistische Voraussetzungen geschaffen werden. Kreationen dieser Art möchte die Unternehmerin gerne auch in ihr geplantes „Aperitivo-Konzept“ integrieren. Bei anderen Neuentwicklungen wie etwa dem fantastischen PARS Nussmus stehen andere Rahmenbedingungen im Vordergrund. Mit diesem weniger sensiblen Produkt möchte Kristiane Kegelmann die Marke PARS zukünftig breiter aufstellen und auch über weitere Retailer anbieten.
PARS. In Berlin.
Aktuell sind PARS-Kreationen im Kreuzberger Showroom, dem eigenen Online-Shop und im KADEWE Berlin zu kaufen. Zudem gibt es anlassbezogene Kooperationen mit bekannten Berliner Unternehmen beispielsweise dem Naturweinhandel Viniculture, dem Restaurant Nobelhart & Schmutzig oder der renommierten Porzellanmanufaktur Hering Berlin. Aber auch über andere Städte wie München und Hamburg denkt Kristiane Kegelmann bereits nach.
Es bleibt auf jeden Fall spannend zu erleben, wie sich PARS in den kommenden Jahren entwickeln und welche neuen Ideen, Konzepte und Kreationen diese wunderbare Patissière und Künstlerin noch realisieren wird.
FEMALEMAKERS PARS. BERLIN: Kristiane Kegelmann in ihrem Atelier in Berlin. Künstlerin. Konditormeisterin. Kreative. Gastronomin.