FEMALEMAKERS SERIES WATER+WINE. EVA FRICKE. WEINGUT EVA FRICKE. RHEINGAU.

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FEMALEMAKERS SERIES
WATER + WINE.
EVA FRICKE.
WEINGUT EVA FRICKE. RHEINGAU.

Wasser ist unsere kostbarste Ressource. Wasser ist unsere Lebensgrundlage. 
Seit Jahrzehnten wird Wasser weltweit immer knapper, ist bereits nicht mehr vorhanden oder verunreinigt. Die Auswirkungen klimatischer Veränderungen, auch in unseren mitteleuropäischen Breiten, werden immer extremer deutlich – von Flutkatastrophen wie beispielsweise an der Ahr bis hin zu Hitzerekorden, Waldbränden und Dürre. Dies alles hat Folgen für unser Leben und Wirtschaften, vor allem auch für unsere Grundversorgung durch landwirtschaftliche Erzeugnisse, und natürlich auch für den Weinbau. Wie schätzen Winzer:innen diese Thematik ein? Wie gehen sie mit dem Thema Wasser um? Wie agieren sie diesbezüglich in den Weinbergen und im Keller, auf ihren Weingütern?

Diesen Fragen geht die neue FEMALEMAKERS SERIE WATER + WINE in ihren Interviews nach.

EVA FRICKE | WEINGUT EVA FRICKE

Eva Fricke gründete ihr gleichnamiges Weingut vor fast zwanzig Jahren aus dem Nichts. Ohne ein Erbe an Flächen, Immobilien, Kellern und Gerät ist das eine Meisterleistung. Heute bewirtschaftet die gebürtige Bremerin Eva Fricke, eine der Top-Winzerinnen des Rheingaus, ganze 18 Hektar, darunter einige begehrte Lagen, hauptsächlich Riesling Reben. Dazu etwas Silvaner und Pinot Noir, aus Letzterem stellt die Winzerin einen großartigen Rosé Brut Nature Sekt her. Ihre Weine sind international gefragt, durch die gängigen Medien, Wettbewerbe, Fachportale und deren Verkoster:innen immer wieder hoch bewertet.
Zu Recht.

Eva Fricke´s Weine sind einzigartig puristisch, präzise und von großer Klarheit. Finessenreiche Eleganz, fein facettierte Fruchtaromatiken, großartige Säuregerüste, wunderbare mineralische Aspekte sowie ein meist geringer Alkoholgehalt schenken ihren Weinen ein unverwechselbares Profil.
Ob Melange, Kiedrich, Lorch, Krone, Seligmacher oder Schlossberg – alle Weine von Eva Fricke, auch die Einstiegsweine, zeigen auf großartige Weise die jeweiligen Eigenheiten ihres Terroirs sowie die Kunstfertigkeit und das handwerkliche Können der engagierten Top-Winzerin.

 
 

Wasser IM
Weingut EVA FRICKE

Wie gehen Sie als Winzerin mit dem Thema Wasserknappheit/Wassermangel im Weinbau, Keller und der Produktion jetzt und in Zukunft um?

“– Mit Dauerbegrünungen und einem wasserschonenden Bodenmanagement. Zum Beispiel werden tiefe Lockerungen etc. ab Spätfrühjahr und im Sommer vermieden.

– Wir versuchen in unserer Kellerei Arbeiten so zu bündeln, dass wir wassersparend arbeiten. Sehr gerne würden wir Regenwasser, Zisternen und Wasseraufbereitung einsetzen, allerdings ist dies auf den von uns gemieteten Flächen nicht möglich. Ich habe mein Weingut als Start-up aus dem Nichts vor 19 Jahren gegründet. Unser Betrieb umfasst heute 18 Hektar mit Weinbergsflächen in Lorch, Kiedrich und Eltville und ist biologisch zertifiziert. Nach wie vor entwickelt sich unser Betrieb weiter und wir befinden uns noch im „Strukturaufbau“, zu dem auch die Planung eines eigenen Weingutes gehört.
Daher war es bautechnisch und flächenbedingt bisher noch nicht möglich, mit Wasser so sparend zu arbeiten, wie wir es möchten und auch könnten, z. B. durch Zisternen, Regenwassernutzung und Aufbereitung des eigenen Wassers, um einen Nutzungskreislauf zu bilden. Dies sind feste Bestandteile unserer eigenen Betriebsplanung. Bisher scheiterte die Umsetzung des eigenen Baus am Mangel an verfügbaren Bauflächen im Rheingau.”

Wasser + Weinproduktion

Welche Maßnahmen ergreifen Sie konkret in Weinbergen wie Kellern, um Ihr Produkt und seine Qualität auch mit schwindenden Wasserressourcen weiter herstellen zu können?

“– In der Kellerei bündeln wir die Kellerarbeiten, die besonders wasserintensiv sind.
– Trubvermeidung und natürliche Klärung der Weine.
– Nutzung des Tresters für eigenen Kompost, der wiederum die Bildung von Tonhumuskomplexen fördert, und zudem wichtig für den Aufbau und Erhalt der Bodenstruktur ist.
– Im Weinbau: Minimierung und Verlagerung der tieferen Bodenarbeiten ins Frühjahr. Verhinderung oder Minimierung von Wasserverdunstung unserer Böden durch Bodenschluss ab Mai/Juni, je nach Witterung, und z. T. mehrjährige Dauerbegrünung – das übrigens bereits seit 12 Jahren.
– Intensivierung der Begrünungsarbeit.
– Aufbereitung eigener Tees aus Kräutern gegen Trockenstress und Verminderung salzbasierter Pflanzenschutzmittel.”

 
 

Wasser+Wein:
gestern + heute

Was hat sich bis heute bewährt? Was trägt Sie in die Zukunft?

“Wir beschäftigen uns mit der Wiederaufforstung von Weinbergen durch Bäume, um höhere Pflanzen zu etablieren. Die Idee ist, Laubkronen zur Beschattung heranzuziehen und gleichzeitig in sehr wasserintensiven Zeiten weitere Pflanzen zur Wasseraufnahme verfügbar zu haben.”

Welche Szenarien sehen Sie für den Weinbau mit Wasserknappheit in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren?

“– Die Intensivierung von Trockenperioden bei gleichzeitig ins Frühjahr und den Herbst verlagerte hohe Regenkonzentrationen.

– Unsere Arbeiten müssen daher stärker fokussiert und schneller in bestimmten Zeiträumen durchgeführt werden. Dafür muss dauerhaft in Landwirtschaft und Kellerei, insbesondere während der Ernte, die Schlagkraft personell und maschinell erhöht werden. Wir haben in den vergangenen drei Jahren unser Personal so aufgestockt, dass alle Arbeitsplätze 1,5-fach belegt sind, bei annähernd gleicher Fläche.”

Wie werden Sie mit klimatischen Herausforderungen in Zukunft umgehen?

“– Hagel in der gesamten Saison und Spätfrost im Frühjahr durch früheren Saisonstart stellen die größten Gefahren dar. Wir können glücklicherweise durch die Verteilung unserer Weinberge auf verschiedene Gemarkungen und Orte unser Gesamtrisiko deutlich senken.

– Ansonsten sehe ich das nicht so problematisch, da wir bereits viele Konsequenzen gezogen und Maßnahmen ergriffen haben, die zumindest aktuell scheinbar wirksam und erfolgreich sind.

– Wir versuchen kontinuierlich über unser Marketing ein Bewusstsein unter den Kund:innen zu schaffen: für diese klimatischen Herausforderungen und die sich daraus personaltechnisch und finanziell ergebenden Konsequenzen. Aber eben auch dafür, dass ein biologischer Anbau bessere und gesündere Qualität sowie enkelfreundlichere Landwirtschaft ermöglicht. Letztendlich geht es darum, unsere Natur zukunftstauglich und stark – auch für spätere Generationen – zu machen.

– Das hat seinen Preis und unsere Kunden wissen und verstehen das. Sie verstehen auch, dass Wein ein Naturprodukt und daher nicht allzeit verfügbar ist. Massenproduktionen und deren profitable Umsetzung werden dadurch immer schwieriger – aber das empfinde ich letztendlich als eine gesunde Entwicklung und nicht als Problem.

– Parallel sehen wir in großen Bewirtschaftungseinheiten, dass sie keinerlei Einbußen durch Bio haben – im Gegenteil, eher mehr und gesünder ernten.

Das Problem sind gemischte Gemarkungen mit einem hohen Anteil an konventionellen Massenertragsanlagen. Dies sind oft die Geburtsstätten oder Herde von Pilz-Epidemien oder intensiveren Schädlingsausbrüchen, weil dort eine natürliche Widerstandskraft der Reben und der gesamten Pflanzenumgebung fehlt. Fungizid-Resistenzen sind heute derart hoch, insbesondere aufgrund der Neuentwicklung systemisch wirkender, chemisch-synthetischer Fungizide in den vergangenen 15 Jahren, dass in intensiven Pilz- und Wasserjahren viele der Mittel nicht mehr greifen. Schädlinge haben immer weniger natürliche Antagonisten.

Gleichzeitig sehen wir in unseren am längsten biologisch bewirtschafteten Weinbergen, vor allem denen, die von ökologisch bewirtschafteten Nachbarflächen umgeben sind, die höchste Widerstandskraft.

Außer dass wir Neuanpflanzungen und Jungfelder bei Bedarf angießen, mussten wir noch nie unsere alten Weinberge und Bestandsanlagen wässern. Bevor wir das tun, würden wir eher mit Bodenabdeckungen aus organischem Material arbeiten.”

Welche Chancen und Risiken sehen Sie in der fortschreitenden Digitalisierung und Technisierung der Landwirtschaft für Ihre Weinproduktion? Werden innovative Technologien Ihrer Meinung nach „rechtzeitig“ innovative Lösungen für den Wassermangel bereitstellen? 
Wenn ja, welche?

“Zum Beispiel der Drohnen-Einsatz. Er kann Zeit- und Wasseraufwand vermindern, die Luftbelastung verringern und bietet einen hohen Anwender:innenschutz.”

 
 

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KILIMAWANDEL + ZUKUNFT:
andere rebsorten + neuzüchtungen

Werden Sie jetzt oder in Zukunft andere Rebsorten und Neuzüchtungen anbauen (müssen)?

“Ich weiß es nicht, vielleicht habe ich Unrecht, aber ich stehe dem großen Run auf Piwis und Neuzüchtungen eher skeptisch gegenüber. Keiner weiß, wie diese sich züchtungstechnisch langfristig entwickeln. Piwis bieten, wie man heute weiß, eben doch nicht eine vollkommene Pilzresistenz wie versprochen. Die Reben, insbesondere alte, regional heimische Sorten, haben meiner Meinung nach ein großes Anpassungsvermögen. Wir verstehen unsere Arbeit so, dass wir unsere Reben stark machen für die aktuellen klimatischen Herausforderungen. Und dabei greifen wir auch auf andere Spezies zurück – so wie es früher war. Reben sind Lianengewächse, sie haben von allein nicht in einer Monokultur gestanden. Wir prüfen gerade, wie das mit dem heutigen Weinbau und unseren Anlagen vereinbar ist, und ob Mischkulturen Vorteile bieten hinsichtlich Beschattung, Wassermanagement und Widerstandskraft der Reben.”

VERTEILUNG DER KOSTBARSTEN RESSOURCE
WASSER IN ZUKUNFT

Wie soll unsere kostbarste Ressource Wasser Ihrer Meinung nach verteilt werden, auch in Hinblick darauf, dass Wein ein Kulturgut ist, aber kein Nahrungsmittel?

“Vielleicht sollte man diverse Massenprodukte überdenken. Historisch war Wein vieles: Ein Sterilisationsmittel für Trinkwasser, ein Narkosemittel, ein Genussmittel. Ganz früher war Wein für die Götter. Alles hatte seine Bedeutung und seine Zeit. Historisch gab es immer wieder Zeiten mit Überproduktion und Preisverfall, Verschwinden von Weinanbau und dann einem Wiederaufblühen der Kultur. Eventuell ist es jetzt an der Zeit, unsere Errungenschaften der großen industrialisierten Landwirtschaft mit ökologischen Zielen und Aufforstung in Einklang zu bringen und Weinanbau wie Weinkonsum wieder bewusster zu gestalten.”

Welche neuen Strukturen und Netzwerke müssen wir für eine positive Zukunft unseres Wassers und den Wein erschaffen?

“Ich denke, es muss grundlegend wieder ein Interesse an und Respekt vor der Natur geschaffen werden. Das ist abhandengekommen, weil der Mensch sich immer weiter von der Natur wegentwickelt hat. Dies geschieht nur durch Aufklärung über die umwelttechnischen und auch gesundheitlichen Konsequenzen einer industrialisierten und konventionellen Landwirtschaft. Den Menschen, den Verbraucher:innen muss die Natur wieder näher gebracht werden. Es muss in ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für unsere Böden investiert werden, die unsere Ernährung tragen – und damit für die Landwirtschaft, die unsere Ernährung bereitstellt. Ein Schulfach für Kinder zu „Ernährung und Landwirtschaft“ und eins zu „Landwirtschaft und Umwelt“ an allen Schulen wäre sinnvoll.

Wir müssen Landwirtschaft wieder zu einem attraktiven Arbeitsplatz machen hinsichtlich Arbeitszeit, Bezahlung (das wiederum hängt an erzielbaren Umsätzen), Schaffen von familienfreundlichen Strukturen im ländlichen Raum, zum Beispiel durch staatlich geförderte Kitas und Schulen, sowie dort bevorzugte Platzansprüche für Familien, die in der Landwirtschaft tätig sind.
Zudem ist die Förderung der Forschung und Entwicklung von Drohnen und weiteren Robotertechnologien, die sowohl den Wasserverbrauch als auch Umwelt- und Luftbelastung durch gezielte Anwendungstechniken in Weinbau und Landwirtschaft minimieren, sinnvoll.”


 

Danke, EVA FRICKE, für das Interview!

INSTAGRAM 
@evafricke

https://www.evafricke.com

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