HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. FLÖRSHEIM-DALSHEIM.

Ein Portrait von Monika Ebert.

©Bilder ©Texte.

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. FLÖRSHEIM-DALSHEIM. MIT DER MAGNUM VON DEM IHR GEWIDMETEN SPITZEN CUVÉE DES HAUSES – MON ROSE. ©MONIKA EBERT

 

Ursprünglich war Heide-Rose Raumland, geborene Wöhrwag, nicht für das Winzer:innenleben zu begeistern. Aufgewachsen im renommierten gleichnamigen Weingut in Stuttgart-Untertürkheim waren sie und Bruder Hans-Peter zwar in alles involviert, aber Heide-Rose ohne jede Leidenschaft für das, was auf einem Gut zu tun ist. Mit 17 Jahren absolvierte sie zunächst eine Banklehre, im Anschluss folgte die Ausbildung zur Restaurantfachfrau im namhaften Luxushotel Bareiss/Schwarzwald. War das ihr Traumberuf?

Jein, meint sie dazu. Aber auf jeden Fall ein Feld, in das sie ihr handwerkliches Können und die Leidenschaft, mit Gästen zu arbeiten, einbringen konnte. Die Ausbildungszeit beschreibt sie als „einerseits sehr, sehr, sehr hart und andererseits war es der tollste Betrieb überhaupt“. Wie geht das zusammen? „Es wurde extrem viel gefordert, aber Leistung auch wirklich anerkannt.“ Sie blieb noch ein Jahr nach ihrem Abschluss, orientierte sich aber bereits außerhalb der Gastronomie, denn die junge Frau wollte auf jeden Fall heiraten und eine Familie gründen, was bis heute noch selten mit gastronomischer Arbeit gut vereinbar ist.

Der Sektmann

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND MIT VOLKER RAUMLAND (VON HINTEN) IN DER VINOTHEK.
SEKTHAUS RAUMLAND. FLÖRSHEIM-DALSHEIM. ©MONIKA EBERT

Dann tauchte ER auf. 1986, sie war Mitte zwanzig, lernte Heide-Rose Wöhrwag ihren späteren Mann Volker Raumland kennen. Auf dem jährlichen September-Weinfest bei den Wöhrwags trafen die beiden das erste Mal aufeinander. Bruder Hans-Peter hatte seinen Studienkollegen Volker aus der Weinuniversität Geisenheim eingeladen, um dessen erste Flaschengärungs-Sekte auf dem Fest vorzustellen. Diese Art der Sektherstellung war damals in Deutschland noch eine Ausnahmeerscheinung. Heide-Rose Wörwag betreute die Sektbar.

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. IN DER RAUMLAND VINOTHEK AN DER SEKTBAR ©MONIKA EBERT

„Der Sekt wurde angeliefert und der Sektmann ist fünf Tage nicht mehr nach Hause gegangen“, erzählt sie mir von ihrer ersten Begegnung und lacht. „Match made in heaven“, wie es so schön heißt. Von diesem Zeitpunkt an wollte sie sich an keine neue berufliche Position mehr binden.

Prickelnde Herausforderung

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. MIT EINEM WUNDERBAREN REINEN PINOT NOIR BRUT NATURE VON 2011. ©MONIKA EBERT

„Früher habe ich deutschen Sekt tatsächlich gehasst“, gesteht mir Heide-Rose Raumland. „Wie ich dann jemand kennenlernte mit deutschem Sekt, dachte ich zunächst, oh je“, erzählt sie weiter und lächelt. Dazu muss man wissen, was deutscher Sekt zur damaligen Zeit war: uninspiriert und dürftig. Mehr Billiggetränk als Besonderheit. Ein Großvater von Heide-Rose Raumland machte den ersten Sekt in Württemberg, den er auf Familienfesten auszuschenken pflegte. „Hoffentlich lässt der Opa den Sekt im Keller …“, dachten alle Anwesenden unisono. „Untrinkbar“ lautete das Urteil. Später während ihrer Ausbildungszeit gab es die „günstige Hausmarke, die bei jedem Anlass ausgegeben wurde“, und auch dieser Sparkling konnte Heide-Rose Raumland nicht begeistern. „Dann habe ich den Sektmann kennengelernt und der war natürlich begeistert davon, mir beizubringen, dass es auch guten Sekt gibt. Seine Sekte waren bereits damals eine ganz andere Liga“, so Heide-Rose Raumland. Die spätere Erfolgsgeschichte ihres zukünftigen Sekthauses war damals noch keineswegs absehbar.

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NEUE VINOTHEK IN FLÖRSHEIM-DALSHEIM.©MONIKA EBERT

„Man kann sich ja immer viel vorstellen, aber letztendlich kann man sich eben nichts wirklich vorstellen.“ Volker Raumland hatte sein Studium in Geisenheim bereits beendet und arbeitete als Kellermeister in Bockenheim. Heide-Rose Raumland war zu dieser Zeit noch in Stuttgart. Die Sektherstellung ihres späteren Mannes lief damals noch „eher nebenbei“. Das Schöne an dieser prickelnden Herausforderung war für Heide-Rose Raumland, gemeinsam etwas Neues zu erschaffen und nichts Etabliertes weiterzuführen.

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NEUE VINOTHEK FLÖRSHEIM-DALSHEIM. RÜCKANSICHT MIT WEINGARTEN. ©MONIKA EBERT

Ein Jahr nach dem Kennenlernen verlobte sich das Paar – Heide-Rose Raumlands Geschenk für den Zukünftigen war – praxisnah – eine Schreibmaschine. 1989 wurde geheiratet. 1991 kam der erste Nachwuchs, Marie-Luise Raumland, wiederum zwei Jahre später folgte die zweite Tochter Katharina. „Klassische Reihenfolge, aber nicht durchgeplant, sondern einfach gekommen“, kommentiert sie diesen Abschnitt ihres Lebens kurz und mit ihrer unwiderstehlich positiven Sicht auf die Welt und ihr Leben.

Deutscher Sekt als Business

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HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. FLÖRSHEIM-DALSHEIM.
ALTER WAGEN DER MOBILEN LOHNVERSEKTUNG AUS DEN ANFANGSZEITEN DES UNTERNEHMENS ©MONIKA EBERT

Das gemeinsame Raumland-Projekt, deutschen Sekt zu produzieren, wuchs und wurde irgendwann zu groß für „nebenbei“. So entschieden beide, sich auf dieses Business zukünftig zu fokussieren. Volker Raumland reduzierte schrittweise seine Arbeitszeit als Kellermeister, dann starteten die beiden durch. Der Beginn des Unternehmens war aber zunächst die Lohnversektung fremder Grundweine; keine eigenen gereiften Flaschengärungen. Dieses Geschäft entwickelte sich organisch aus dem Wein- und Winzer:innen-Umfeld der beiden und wuchs beständig. Keller wurden erweitert, zudem eine mobile Versektungsanlage gekauft. Damals war Volker Raumland als Sektmacher noch eher Einzelkämpfer in Deutschland.

Neben der Lohnversektung produzierten sie immer wieder eigene Sekte mit ausgesuchtem Traubengut von befreundeten Winzer:innen. Die Ergebnisse wurden eingelagert und – glücklicherweise – nicht sofort verkauft. Weder Privatkund:innen noch Handel oder Gastronomie hatten damals wirklich Interesse an deutschem Sekt.

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VILLA RAUMLAND. STRASSENANSICHT. ©MONIKA EBERT

Das Ehepaar war zu diesem Zeitpunkt bereits aktiv auf der Suche nach einem familiären wie geschäftlichen Zuhause. Dass der neue Standort dann letztendlich in Flörsheim-Dalsheim, nur acht Kilometer vom ehemaligen Domizil in Bockenheim entfernt, lag, war reiner Zufall. Zum Familienanwesen der Raumlands wurde ab 1990 die wunderschöne Villa eines ehemaligen Fabrikanten, die sie im Rahmen einer Zwangsversteigerung erwarben.

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VILLA RAUMLAND VOM WINGERT/WEINGARTEN AUS GESEHEN. ©MONIKA EBERT

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VILLA RAUMLAND. BLICK VOM BALKON IN DEN HAUS-WINGERT MIT BRUNNEN. ©MONIKA EBERT

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. IHR LIEBLINGSPLATZ “TOSKANA SEITE” VILLA RAUMLAND TERRASSE. NOCH STEHEN DIE OLEANDER IM WINTERQUARTIER.
SEKTHAUS RAUMLAND. FLÖRSHEIM-DALSHEIM. ©MONIKA EBERT

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. AN IHREM LIEBLINGSPLATZ “TOSKANA SEITE” VILLA RAUMLAND TERRASSE. SEKTHAUS RAUMLAND. FLÖRSHEIM-DALSHEIM. ©MONIKA EBERT

Zum Objekt gehörten rund vier Hektar Weinberge. Man glaubt es heute kaum, aber die Raumlands wollten diese Weinberge zunächst nicht kaufen. Da die Lagen aber fester Bestandteil des Angebotes waren, die versteigernde Bank hartnäckig blieb, gehören diese ausgezeichneten Weinberge heute zum Familienbesitz. „Glück“ nennt Heide-Rose Raumland diese besonderen Wendepunkte ihres Lebens im Laufe unseres Gesprächs immer wieder.

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SEKTHAUS RAUMLAND. WEINBERGE BEI DER VILLA. ©MONIKA EBERT

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SEKTHAUS RAUMLAND. HAUS-WEINBERGE. REBEN. ©MONIKA EBERT

Die Freude und Dankbarkeit für dieses „Glück“ ist bis heute lebendig und spürbar. Ihren ungeplanten Zuwachs an Weinbergen bepflanzten die Raumlands komplett neu mit den klassischen drei Champagner-Reben Chardonnay, Pinot Noir, dazu eine kleinere Menge Meunier. Ergänzt wurde mit etwas Riesling und Weißburgunder.

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AN DER STEINMAUER DES HAUS-WINGERT. ©MONIKA EBERT

Die Managerin Heide-Rose Raumland hat das gesamte Geschäft des Sekthauses sowie die Familie von Beginn an erfolgreich geführt. Neben den familiären Aufgaben organisierte und steuerte sie alle unternehmerischen Prozesse, war zudem erste Ansprechpartnerin für externe Kontakte. Volker Raumland, wenn nicht mit der mobilen Versektungsanlage unterwegs, arbeitete in den eigenen Weinbergen oder war im Keller beschäftigt. Neben der florierenden Lohnversektung konnte sich auf diese Weise langsam und ohne finanziellen Druck das Geschäft mit den eigenen Sekten des Hauses entwickeln. Wie verkauften sich die Produkte damals? „Als ich die ersten 12 Flaschen verkauft hatte, rief ich ganz aufgeregt bei meiner Mutter an und sagte, Mama, 12 Flaschen verkauft, jetzt geht es los!“, berichtet Heide-Rose Raumland.

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Weniger ist mehr

Das Sekthaus Raumland gehört in Deutschland zu den Pionier:innen hochwertiger Sparklingproduktion. Geschäftlich lief es allerdings zu Beginn wesentlich langsamer an als bei den Mitstreiter:innen. Die Konkurrenz verkaufte in erster Linie Stillweine und besaß damit bereits einen etablierten Direktverkauf, in das die neuen Sekte leicht eingebunden werden konnten. Auch Raumland verkaufte zu dieser Zeit hauptsächlich an Privatkund:innen. Abendliche Events in der Villa sollten zusätzlich größere Aufmerksamkeit bei potenziellen Käufer:innen schaffen.

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DIE TOP KÖCHIN HOLT FRISCHE KRÄUTER AUS DEM HAUSEIGENEN GARTEN. ©MONIKA EBERT

Als Gastronomie-erfahrene Köchin kreierte Heide-Rose Raumland zu ihren Sekten feine Food-Pairings. Tagsüber Management, Events am Abend, die Kinder noch klein – wie hat sie das alles geschafft? „Einfach machen“, meint sie dazu nur knapp. Die gut besuchten Veranstaltungen steigerten den Abverkauf zunächst allerdings nicht wesentlich.

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TOP KÖCHIN AN EINEM IHRER LIEBLINGSPLÄTZE: DIE KÜCHE DER VILLA RAUMLAND. ©MONIKA EBERT

„Jetzt kommt schon wieder das nächste Glück“, erzählt Heide-Rose Raumland und lächelt. Das Glück lag diesmal darin, dass der geringe Absatz ihrer Sekte dazu führte, dass in den eigenen Kellern viele exzellente Jahrgänge über lange Zeit ungestört reifen konnten. Damit erreichten die Sektpioniere fast „automatisch“ ihr Ziel, hochwertige deutsche Sekte herzustellen. Wäre der Ansturm zu Beginn auf die damals 9 Monate gereiften Sparklings größer gewesen, hätte der Weg zu ihren exquisiten, ausgedehnt auf der Hefe gereiften Sekten wesentlich länger gedauert.

Medialer Schub + steigender Absatz

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VERPACKUNGEN. LAGER. ©MONIKA EBERT

Mitte der 90er kam durch den Weinführer Gault&Millau ein Schub für Bekanntheit und Verkaufszahlen des Sekthauses. Ursprünglich wollte Heide-Rose Raumland ihre Sekte dem Weinführer nicht zur Verkostung geben, da sie aus ihrer Gastronomiezeit wusste, wer dort einmal weniger gut bewertet wird, hat es lange Zeit schwer. Das Risiko schien ihr zu hoch. Zudem hatte sich der Gault&Millau bisher ausschließlich den Stillweinen verschrieben und so war Raumland als reines Sekthaus dort nur in einer zusätzlichen Liste als „empfehlenswerter Betrieb“ geführt, nicht im zentralen Weinführer-Buch. Als deutscher Sekt endlich Einzug in den Gault&Millau halten sollte und Winzerkollege Hans-Jörg Rebholz 2008 Platz 1 mit einem Sekt erreichte, den Volker Raumland aus seinen Grundweinen hergestellt hatte, plädierte Rebholz noch während der Siegerehrung dafür, das Sekthaus Raumland in den Weinführer zu übernehmen.

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IM LAGER. SPITZEN CUVÉE TRIUMVIRAT. ©MONIKA EBERT

Als die hauseigenen Raumland-Sekte erstmals auch im Gault&Millau Weinführer 2006 auf den ersten Plätzen standen, schnellte der Absatz in die Höhe. Direkt nach der Preisverleihung lag sofort eine große Bestellung im Faxgerät, erinnert sich Heide-Rose Raumland.

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IM LAGER. RIESLING SEKT BRUT. ©MONIKA EBERT

Erste Weinhändler:innen entdeckten das Potenzial der hervorragenden Raumland-Qualitäten und so erweiterte sich das Handelsgeschäft Schritt für Schritt. Rund 10tsd. verkaufte Flaschen waren es damals pro Jahr, schätzt sie. Im Bereich Gastronomie gab es damals noch keine nennenswerten Verkäufe, das kam erst später, circa ab dem Jahr 2010.

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. NEUER LAGERRAUM HINTER DER VINOTHEK. ©MONIKA EBERT

Den Auslöser für das seither wachsende Interesse an deutschen Sekten bei Gastronomiekund:innen sieht Heide-Rose Raumland in der beginnenden regionalen Orientierung der (Spitzen-)Küchen. Zudem war die Anzahl qualitativ hochwertiger Produzent:innen in der Zwischenzeit gestiegen, und damit auch die Aufmerksamkeit von Presse und Medien für das Thema. Heute besitzt das Sekthaus Raumland einen internationalen Kund:innenstamm, unter anderem aus den USA, Thailand, Israel und Norwegen, um nur einige zu nennen. Auch dieses Kund:innenportfolio wuchs organisch und ohne größere Akquise – wie das gesamte Unternehmen. „Es ist eben wieder auch das Glück“, erläutert Heide-Rose Raumland dazu, „dann eine der Ersten gewesen zu sein, zudem noch das erste reine Sektweingut im VDP (Verband der Prädikatsweingüter).“

Deutscher Sekt + Champagner

Seit Beginn des gemeinsamen Unternehmens reiste das Ehepaar Raumland immer wieder in die Champagne, um zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Der Austausch mit dortigen Winzer:innen war anfangs nicht ganz einfach. Niemand wollte sie damals Grundweine verkosten lassen. Heide-Rose und Volker Raumland kauften auf diesen Reisen unzählige Flaschen Champagner, verkosteten ein immens breites Spektrum und fanden auf diese Weise Schritt für Schritt ihren eigenen Stil.

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. ©MONIKA EBERT

Nach fünf Champagner-Reisejahren und viele Gespräche später bekamen die beiden endlich erste Grundweine zur Verkostung und arbeiteten sich damit immer tiefer in Herstellungsverfahren ein. „Es war wirklich ein mühsames Zusammenpicken“, so die Sektunternehmerin über diese Anfänge. Gelernt haben die beiden trotzdem sehr schnell und wussten bald, wie man hohe Qualitäten erzielt. „Aber das Lernen hört nie auf. Jedes Jahr in der Natur ist anders, es gibt das EINE Rezept nicht. Das Gespür für die Weinberge und in der Kellerarbeit ist entscheidend, es verfeinert sich natürlich über die Jahre weiter … Aber wir hatten auch nochmals ganz großes Glück“, berichtet Heide-Rose Raumland weiter. Das war 1997. Es hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits sehr gute Verbindungen und Kontakte in die Champagne etabliert, alle Produktionsmaschinen sowie ihre neutralen Hefen für die zweite Gärung bezogen die Sekthersteller bereits aus der Champagne. Diesmal kam das Glück in Person. Die Französin Carole Lefèbvre, Önologin, in Reims ausgebildet, suchte ein Weinkeller-Praktikum in der Champagner-Herstellung.

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SEKTHAUS RAUMLAND. RÜTTELPULT IM URSPÜNGLICHEN REIFEKELLER UNTER DER VILLA RAUMLAND. ©MONIKA EBERT

Als Frau hatte sie damals in der Champagne selbst noch schlechte Karten und so vermittelte ein befreundeter französischer Kollege sie in das Sekthaus nach Flörsheim-Dalsheim. Während Volker Raumland damals mit seinem trainierten, erfahrenen Gaumen Oechsle-Grad (Zuckergehalt) und Säure seiner Trauben exakt erschmecken konnte, begann die damals 19-jährige Praktikantin alles genau zu messen und dokumentierte die Arbeit akribisch. Das große Engagement der jungen Französin schaffte Vertrauen und so übertrug ihr Volker Raumland in enger Absprache mit ihm die Verantwortung für die Kellerarbeit des kommenden Herbstes. Ein Jahr, in dem sich die Stilistik des Hauses nochmals veränderte und festigte, wie Heide-Rose Raumland berichtet. Aus dem Praktikum von Carole Lefèbvre im Sekthaus wurden sieben Jahre bereichernder Zusammenarbeit. „Carole war fast wie ein Familienmitglied und der intensive Austausch mit ihr hat das Sortiment natürlich auch nochmals vorangebracht“.

Verkostungsarbeit

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SEKTHAUS RAUMLAND. IN DER VINOTHEK. ©MONIKA EBERT

Normalerweise werden die Sekte des Hauses Raumland frühestens nach drei Jahren das erste Mal verkostet. Sind Flaschen für eine weitere Reife geplant, wird bei der ersten Probe auch der Zeitpunkt der nächsten festgelegt. Verkostet wird prinzipiell immer gemeinsam in der Familie und mit Kellermeister. Zu Beginn des Unternehmens probierte das Ehepaar nur zu zweit. Was, wenn die Meinungen auseinandergehen? Auf manche Aspekte der Weine reagiert Heide-Rose Raumland „bewusster und empfindlicher“ als ihr Mann. Männer, meint sie, haben oftmals den Fokus auf anderen Facetten. Aber auch wenn die Raumlands gemeinsam „Fremdes“ probieren, seien sie sich in ihren Urteilen sehr ähnlich. „Es kam noch nie vor, dass einer von uns irgendetwas gut fand und der andere es gar nicht mochte. Und wenn man seinen eigenen Stil mit der Zeit gefunden hat, gleicht man sich auch an.“

Wachstum + Reife

Während der schrittweisen Erweiterung ihrer eigenen Rebflächen kaufte das Ehepaar ganze Weinernten aus der Nachbarschaft zu, die sie oft auch eigenhändig ernteten. „Wir haben uns schon immer die Rosinenjahre herausgepickt, so gab es auch Jahre, in denen wir nichts zugekauft haben. Das, was ich einlagern will, braucht natürlich auch Potenzial“, so Heide-Rose Raumland. Sie nennt als Beispiel das Jahr 2003: Sehr heiß und eher schwierig. Das Sekthaus entschied sich für eine kürzere Reifezeit dieser Flaschen und der 2003er-Jahrgang wurde 2006 fast komplett verkauft. Nur die Chardonnays und Rieslinge blieben für eine längere Reifezeit in den Kellern. „Das waren dann soooooo große Cuvées geworden!“, erzählt sie begeistert. „Man hat das Weinjahr immer vor sich, wie war es, die Hitze, der Regen usw., dazu die analytischen Werte. Aber 2003 zeigt wieder: Wie sich etwas in der Reifung verändert, dafür gibt es eben kein Rezept.“ Zur ursprünglichen, hauseigenen Rebfläche von vier Hektar kamen noch sechs aus der Familie Raumland dazu, dann nach und nach weitere Lagen, bis zu den heute 16 Hektar aktiv bepflanzten Weinbergen. War die Nachfrage nach deutschem Sekt bereits so groß? „Da sind wir ins Risiko gegangen, weil wir gesehen haben, dass keiner in Deutschland bisher diese Reifekeller hatte, keiner ein so langes Hefelager wie wir, und wir konnten ja nicht erst produzieren, wenn es ausverkauft ist.

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SEKTHAUS RAUMLAND. DER URSPÜNGLICHE REIFEKELLER IN DER VILLA RAUMLAND. ©MONIKA EBERT

Deswegen haben wir versucht, jedes Jahr zu steigern und zu erweitern“, erläutert die Unternehmerin. Die Entscheidungen zum Wachstum des Sekthauses trafen die Ehepartner immer gemeinsam. Alle ihre Weinberge wurden von Beginn an biologisch bewirtschaftet. „Wir machen nichts, weil es irgendwo steht, sondern arbeiten so aus Überzeugung.“ Auf ihren Kalk-, Löss- und Mergelböden in Rheinhessen und der Pfalz hat das Arbeiten mit der Natur seit jeher oberste Priorität, damit auf Dauer hochwertiges Traubenmaterial entstehen kann. Die offizielle Bio-Zertifizierung folgte 2002. Mit einem Plus an Rebfläche und Umsatz mussten natürlich auch die Kellerflächen des Sekthauses erweitert werden. Da kam das „Glück“ erneut zu Hilfe, erinnert sich Heide-Rose Raumland. Durch Zufall entdeckten sie über eine Zeitungsannonce einen vierstöckigen Keller zur Pacht, mit optimalen Temperaturbedingungen für die Flaschenreifung, und das nur vier Kilometer vom Stammsitz entfernt. Heute ist auch dieser Keller bereits wieder zu klein geworden. Und die Mitarbeiter:innen? Natürlich ist auch ihre Zahl mit den Jahren gewachsen, heute sind es um die 14 Personen, die für das Sekthaus arbeiten.

Klimawandel

Noch ist es „das Glück“ der Sekthersteller, dass die Erntezeitpunkte für ihre Grundweine noch vor denen der klassischen Stillweinproduktion liegen. So können die Sektmacher:innen langanhaltendem Hitzestress oder ganz verregneten Erntephasen oft noch rechtzeitig entgehen. Beispielsweise war die Raumland-Ernte im schwierigen Jahr 2006 mit viel Traubenfäulnis bereits vor den heftigen späten Regengüssen mehrheitlich in den Kellern. Ein weiteres sehr schwieriges Jahr für das Sekthaus war 2021, auch dieses sehr nass. Der Ernteaufwand war enorm: „Jede Traube musste kontrolliert, ungesunde einzelne Trauben aussortiert werden, da es bereits sehr früh viel Fäulnis gab. Die Zahl der Erntehelfer war sehr hoch und wir haben so lange geerntet wie noch nie“. Qualitativ aber sei 2021 ein hervorragendes Jahr gewesen, denn das, was bei Raumland davon in den Kellern lagert, sei „wahnsinnig gut“, so die Unternehmerin.

Unternehmensübernahme

Volker und Heide-Rose Raumland hatten beide vor der Gründung ihres eigenen Unternehmens andere Berufe erlernt. Ihre beiden Töchter sollten die Berufswahl ebenso frei treffen können, das war dem Ehepaar sehr wichtig. Marie-Luise und Katharina Raumland haben nach einem hervorragenden Abitur beide BWL studiert, zusätzlich Weinausbildungen absolviert und weltweit Arbeitserfahrungen gesammelt. Es gab keinerlei Druck, das elterliche Sekthaus zu übernehmen. „Wir haben den Betrieb gegründet und wenn sich keine Nachfolger finden, machen wir ihn wieder zu“, so Heide-Rose Raumland zur damaligen Haltung des Paares.

© FEMALEMAKERS. MONIKA EBERT. SERIES FEMALE LEADERS. PORTRAIT. HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND.

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SEKTHAUS RAUMLAND.
BLICK IN DIE VINOTHEK AUF EINEN ARTIKEL ÜBER DIE UNTERNEHMENSNACHFOLGERINNEN:
DIE BEIDEN SCHWESTERN MARIE-LUISE + KATHARINA RAUMLAND ©MONIKA EBERT

Doch die Töchter haben sich glücklicherweise dazu entschlossen, dieses wunderbare Unternehmen gemeinsam weiterzuführen. Diese Entscheidung kam für die Eltern eher unverhofft, die Freude war natürlich umso größer. „Das größte Glück, das wir zusätzlich zu unseren beiden Töchtern haben, sind jetzt zwei supertolle Schwiegersöhne, einer davon ein Vollblut-Winzer ohne eigenes Weingut, der andere mental immer dabei … Wir sind also jetzt drei Familien und arbeiten alle voll … Bei uns kann jeder prinzipiell alles, das ist und bleibt unser Anspruch: Alle können bei uns Büro, Außenbetrieb und Keller. In so einem Betrieb muss das für uns so sein“, erläutert Heide-Rose Raumland die familiäre Zusammenarbeit.

Gemeinsam leben + arbeiten

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SEKTHAUS RAUMLAND.
BLICK IN DAS WOHNZIMMER, AUF TERRASSE UND WEINBERGE DER VILLA RAUMLAND.

Wie ist es in einer so engen Lebensgemeinschaft wie bei Heide-Rose und Volker Raumland, wenn Beruf und Privatleben komplett verzahnt sind? Gibt es Zeit für Eigenes? „Mein Mann und ich haben tatsächlich keine großen Hobbys. Unsere Hobbys sind unsere Familie und der Betrieb. Und solange sie es wollen, geht es mit den Kindern, Schwiegerkindern und Enkelkindern genauso weiter“, antwortet Heide-Rose Raumland. Gab es nie Meinungsverschiedenheiten? Die Entscheidungsfindung, auch bei sehr unterschiedlichen Meinungen, habe im Paar und auch innerhalb der Familie immer funktioniert, meint sie dazu. Was ist die Grundlage solch einer positiven, langlebigen Gemeinschaft?

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SEKTHAUS RAUMLAND. ZWEI DER BESONDEREN PLAQUE DE MUSELET DER RAUMLAND SEKTE. ©MONIKA EBERT

„Das Allerwichtigste ist, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Zu sagen, ich bin ein Teil wie die anderen auch. Zu sagen, andere sind auch gut. Also die gegenseitige Akzeptanz … Dass man unterschiedlicher Meinung ist, ist doch normal. Aber man kann alles ausdiskutieren oder einfach auch einmal sagen, okay, dann machen wir es so und lassen uns überraschen. Denn, was ist eine richtige Entscheidung? Es kann sich auch im Nachhinein herausstellen, dass das vorher Richtige dann doch falsch war. Die Egos müssen da sein, aber sie dürfen einfach nicht zu groß sein … In unserer Familie finden sehr viele Gespräche statt. Es wird, wann immer möglich, zusammen gegessen. Wir gehen oft zusammen in den Urlaub, haben weitere Gemeinsamkeiten“, so die Unternehmerin.

MON ROSE

Der Raumland MonRose – Grande Cuvée, ein exklusives Spitzenprodukt aus den klassischen Champagner-Reben Pinot Noir, Chardonnay und Meunier, ein Extra Brut Grand Réserve des Hauses mit 10 Jahren Hefelager – wird nur mit besonderen Jahrgängen cuvéetiert und ist Heide-Rose Raumland gewidmet.

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DIE MANAGERIN MIT DEM IHR GEWIDMETEN SPITZEN CUVÉE DES HAUSES, DEM MON ROSE, VOR IHREM ANTIQUEN LIEBLINGS SCHRANK.

Dieses Jahr wird die Unternehmerin 60. Was wünscht sich diese wunderbare Frau für die kommenden Jahre? „Ich will eigentlich immer gerne noch weiter mitarbeiten, aber nicht mehr unter dem Druck, ich wünsche mir also, dass unser positives Stresslevel ein bisschen nachlässt … Wenn ich auf etwas verzichten müsste, dann wäre es das Außenherum, aber nie auf den Kern – unsere Familie. Das verstehen tatsächlich nicht alle Menschen. Sie denken, wir können das nicht anders oder das muss doch langweilig sein. Uns ist aber keinen Moment langweilig, wenn wir zusammen sind. Wir feiern heute noch zusammen Silvester, fahren gemeinsam in den Urlaub. Das nicht aufgrund mangelnder Möglichkeiten, sondern weil wir es genauso wollen.“

Nach dem inspirierenden Gespräch mit dieser großartigen Frau fällt mir ad hoc meine Lieblingsdefinition für Glück | LUCK ein: Living Under Cosmic Knowledge.

 
 

FEMALEMAKERS.NET. FEMALE LEADERS: HEIDE-ROSE RAUMLAND. SEKTHAUS RAUMLAND. BLICK AUS DEM FENSTER DES TANZSAALS | EVENTRAUMS DER VILLA RAUMLAND ©MONIKA EBERT

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TANZSAAL | EVENTRAUM DER VILLA RAUMLAND IM ERSTEN STOCK. ©FEMALEMAKERS MONIKA EBERT

 

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SEKTHAUS RAUMLAND. EINGANG ZUM TANZSAAL DER VILLA RAUMLAND. ©MONIKA EBERT

 

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SEKTHAUS RAUMLAND. BLICK AUS DEM TANZSAAL DER VILLA RAUMLAND. ©MONIKA EBERT

 
 
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ORIGINAL ERHALTENER TREPPENAUFGANG IN DER VILLA RAUMLAND. ©FEMALEMAKERS MONIKA EBERT

 

GARTEN DER VILLA RAUMLAND. ©FEMALEMAKERS MONIKA EBERT

 
 

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SEKTHAUS RAUMLAND. REBE MIT PHEROMONFALLE GEGEN SCHÄDLINGE ©MONIKA EBERT

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SEKTHAUS RAUMLAND. ALTE REBEN WERDEN KOMPOSTIERT. ©MONIKA EBERT



ORIGINAL WANDMALEREI IM KELLER DER VILLA RAUMLAND.
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